20210921

Stellten sich den Schülerfragen: (von links) Detlev Pigors, Sylvia Holste-Hagen, Rüdiger Gums, die Moderatorinnen Alina Heitmann und Nina Heuermann sowie Axel Knoerig und Peggy Schierenbeck. - © Fabian Pieper

Jugendliche fordern Politiker

Die fünf Bundestagskandidaten Detlev Pigors, Sylvia Holste-Hagen, Rüdiger Gums, Axel Knoerig und Peggy Schierenbeck stellten sich am Montagvormittag in der Aula des Gymnasiums Twistringen den Fragen der Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines politischen Projekttages an der Schule.

Twistringen – Wie steht es um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Deutschland? Sollten die Spritpreise weiter steigen? Wie können die coronabedingten Lernrückstände von Schülern ausgeglichen werden? Diesen und weiteren Fragen der Schülerschaft des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums Twistringen haben sich am Montagvormittag fünf Bundestagskandidaten gestellt. Die Schüler fühlten Detlev Pigors (Die Basis), Sylvia Holste-Hagen (Die Grünen), Rüdiger Gums (parteilos), Axel Knoerig (CDU) und Peggy Schierenbeck (SPD) auf den Zahn – und es flogen auch ein paar Spitzen.

Besonders Pigors zeigte sich angriffslustig gegenüber Knoerig und Schierenbeck beziehungsweise den Parteien, die sie vertreten: „Geht diesen Bauernfängern nicht auf den Leim“, mahnte Pigors die etwa 120 Jugendlichen der Jahrgänge 10 und 11 in seiner Abschlussrede. Es war nicht das erste Mal an diesem Vormittag, dass er die Politik der Regierungsparteien direkt kritisierte. Auch bei der Frage, ob und wie sich Lernrückstände durch den coronabedingten Unterrichtsausfall ausgleichen lassen könnten, bezeichnete er die Haltung der etablierten Parteien als „hochgradig kriminell“, denn: „Euch fehlen zwei Jahre. Das Bildungssystem ist schon immer ein Problem und muss reformiert werden!“

Konkretere Lösungsansätze lieferte Sylvia Holste-Hagen, die mit Schulsozialarbeitern und -psychologen die Lücken schließen will. Mehr Personal, das waren auch die Kernaussagen von Schierenbeck und Knoerig, während Rüdiger Gums davor warnte, zu versuchen, die Rückstände „mit aller Macht nachzudrücken“.

Projekttag mit simulierten Wahlen

Die Podiumsdiskussion war ein Teil eines ganzen Projekttages am Twistringer Gymnasium. Vor dem Auftritt der Politiker hatten sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Unterschied und der Bedeutung von Erst- und Zweitstimme bei Bundestagswahlen beschäftigt. Im Anschluss an die Diskussion reflektierten die Jugendlichen die Veranstaltung. Zum Abschluss führten die teilnehmenden Jahrgänge eine „Juniorwahl“ durch, bei der eine Bundestagswahl simuliert wurde.

Zwischen den Frageblöcken lockerten die Moderatorinnen Alina Heitmann und Nina Heuermann aus der Jahrgangsstufe 13 die Veranstaltung mit kleinen Spielenauf. In einer Schnellfragerunde mussten die Kandidaten sich mit „Ja“ oder „Nein“ zu politischen Themen klar positionieren. Einigkeit herrschte darüber, dass der Kohleausstieg bereits vor 2038 geschehen und der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben werden soll – und dass die Diäten und Einkünfte von Politikern angemessen seien, was den Schülern Lachen abrang.

Schüler haken bei Spritpreisfrage nach

Kontroverser wurde es bei der Frage, ob Spritpreise weiter ansteigen sollten. Hier stimmten Holste-Hagen und Schierenbeck zu, die drei anderen Kandidaten verneinten dies. Als die Schüler im Publikum gegen Ende der Diskussion selber Fragen stellen durften, nahmen die Jugendlichen noch einmal Bezug auf die Thematik und hakten bei Holste-Hagen direkt nach, die ihre Meinung verteidigte. Zum einen sollen die Mehrausgaben an anderer Stelle zurückgezahlt werden, zum anderen sagte sie, dass solche Maßnahmen notwendig seien, „da sonst der Klimawandel so teuer wird, dass wir ihn nicht mehr bezahlen können“.

Aus dem Publikum wurde Axel Knoerig gefragt, was er von Kanzlerkandidat Armin Laschet halte. Knoerig verteidigte ihn: „Ich halte ihn für einen sehr erfolgreichen Minister und einen sehr guten Kanzlerkandidaten.“

Beim Thema Gleichberechtigung von Männern und Frauen offenbarten die Gäste erneut unterschiedliche Standpunkte. Während Pigors und Knoerig hier verhalten agierten und kaum Kritik übten, preschte vor allem Rüdiger Gums vor: „Wäre ich eine Frau, würde ich mich jeden Tag aufregen. Da muss sich etwas tun!“ Auch Schierenbeck und Holste-Hagen kritisierten, dass eine Gleichberechtigung noch nicht gegeben sei.

Und die Schüler blieben neugierig und nutzten die Chance, die Bundestagskandidaten auszufragen. Dabei reichten die 90 Minuten Veranstaltungsdauer nicht aus, um alle Fragen der Jugendlichen zu beantworten. Für Lehrer und Projektleiter Marcus Marten-Bexten ein gutes Zeichen: „Eine sehr diskursive Veranstaltung mit vielen Inhalten. Wir wollten die Schüler für die Bedeutung von Demokratie und Wahlen sensibilisieren – und dass die Personen auf der Bühne als Volksvertreter wahrgenommen werden.“

Viel Lob von den geladenen Gästen

Auch Schulleiter Peter Schwarze war zufrieden und lobte die in der Hauptsache von den Schülern selbst organisierte und durchgeführte Veranstaltung. Er durfte das Lob der eingeladenen Gäste überbringen: „Die politischen Bewerberinnen und Bewerber waren von der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung begeistert. Im Sinne der Schülerinnen und Schüler hat mich dieses Lob sehr gefreut!“

Von Fabian Pieper