Festakt für Gymnasiumleiter Martin Lütjen / 45 Jahre im öffentlichen Dienst 

20150715

Twistringen - Von Theo Wilke. „Ich habe als Junge aus dem tiefsten Teufelsmoor richtig Glück gehabt. Unser musikalisch und künstlerisch begnadeter Dorfschulhauptlehrer Alfred Preußker hat eine wichtige Weiche für mein Leben gestellt“, erinnert sich Martin Lütjen, seit 2005 Leiter des Twistringer Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums. Am Freitag wird er nach 45 Jahren im öffentlichen Dienst verabschiedet.

Martin Lütjen freut sich mit Ehefrau Ingrid und den Söhnen Michael und Tobias darauf, Abschied zu feiern mit Freunden und Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen und weiteren geladenen Gästen. Sein Nachfolger steht auch schon fest. Die Schulstiftung in Osnabrück hat sich für Oberstufenkoordinator Peter Schwarze entschieden. „Peter Schwarze ist immer präsent, er lebt Schule. Solch einen nahtlosen Übergang habe ich mir immer gewünscht“, erzählt sein Chef begeistert.

Lütjen weiß auch schon, was er als Pensionär machen wird: „Ich gebe meinen Schlüssel am 1. August ab. Und dann kommt erstmal ganz viel Haus- und Gartenarbeit – und Reisen mit Ingrid“, seiner Ehefrau. Die Lehrerin für Mathe, Deutsch und Biologie am Schulzentrum wird nächste Woche verabschiedet. „Das passt prima“, sagt der 65-Jährige. Früher seien sie schon viel gewandert, etwa in den Tiroler Bergen oder im damaligen Jugoslawien. Heute unternehmen die beiden noch Tagestouren.

Nach gut 13 Jahren als ehrenamtlicher Kreisnaturschutzbeauftragter wird Martin Lütjen noch weitermachen, auch als Fledermaus-Schutzbeauftragter. Im Förderverein der Schule möchte sich Lütjen um die Ehemaligen kümmern.

Wenn der Schulleiter zurückblickt, zählen der plötzliche Tod eines Schülers (Gehirnschlag) sowie einer Schülerin (Krebsleiden) zu den schlimmsten Erinnerungen. „Das geht einem schon sehr nahe.“ Und das schönste Ereignis? Lütjen: „Die Einweihung unseres Gymnasiums. Das war für mich ein Gefühl, fast unrealistisch: Du gehst hinein und weißt, wie Schule in Zukunft aussieht.“

Der Wahl-Twistringer hat in seinem Lehrerleben stets an Schulen mit umgebaut, angebaut oder modernisiert. In seine Zeit als Leiter der Orientierungsstufe am Schulzentrum fiel ein Neubau. „Ich bin immer auch Baulehrer gewesen, das zieht sich wie ein roter Faden durch meinen Lebenslauf“, erklärt Lütjen mit einem Schmunzeln. Und bei der Gründung des Gymnasiums ab 2004 habe die „Vierer-Bande“, Barbara Upmeyer, Michael Schläger, Bernhard Wohlers und er, freie Hand bei der Ausgestaltung gehabt – dank der politischer Unterstützung durch Rat und Verwaltung. Rund 13 Millionen Euro seien in „ein Haus des Lernens mit der Vermittlung von sozialen und christlichen Werten im Schulalltag“ investiert worden.

Der 1950 in Altwistedt auf einem Bauernhof am Rande des Teufelsmoores, nordwestlich von Bremen, aufgewachsene Lütjen besuchte nach der Dorfschule die Niedersächsische Heimschule Bad Bederkesa von 1964 bis 1970, bis zum Abitur.

Sein erstes Staatsexamen bestand Lütjen 1977 und heiratete Ingrid, in das folgende Jahr fiel ein Referendariat in Osnabrück. Nach dem zweiten Staatsexamen war der gebürtige Bremervörder von 1978 bis 1988 am Gymnasium in Syke. Dort wurden dem Junglehrer schon früh Entscheidungskompetenzen übertragen.

Der Grundstein für seine Lehrerkarriere sei aber schon bei Alfred Preußker gelegt worden, betont Martin Lütjen. Deshalb sei für ihn auch wichtig gewesen, während des Studiums Lebens- und Arbeitswelt kennen zu lernen.

Als Biologie- und Chemiestudent (ab 1971 in Hannover) untersuchte er in den Semesterferien im Labor der Klöcknerhütte in Bremen Proben von Kohleladungen. „Das war schon eine große Verantwortung für einen jungen Menschen wie mich, wenn man bedenkt, dass eine Kohleladung etwa 86000 Mark wert war.“ Fiel das Ergebnis negativ aus, wurde die ganze Ladung zurückgeschickt.

Der Satz des damaligen Laborleiters „Ein Chemie- und Biologielehrer muss echte Laborarbeit, Industrie und Wirtschaft kennenlernen“ habe ihn beruflich entscheidend mitgeprägt.

Dem Institutsleiter für Geobotanik und Vegetationskunde der Uni Hannover, Prof. Dr. Hanns Zeidler, verdankt der heutige Oberstudiendirektor seine gute Beobachtungsgabe, Ausdauer und die Erkenntnis: „Viel Wissen bringt uns und die Kinder den Wundern der Natur näher.“