20170113

Elternratsvorsitzende fordern Erhalt der Schulsozialarbeit an allen Gymnasien

TWISTRINGEN Es ist keine Bitte, es ist eine Forderung: „Wir wollen gehört werden.“ Selbstbewusst wehrt sich die im Herbst 2016 gegründete Initiative von Elternratsvorsitzenden und Schulsozialarbeitern der fünf Gymnasien des Landkreises Diepholz dagegen, dass ihre Schulform bei der Ausstattung mit Schulsozialarbeitern durch das Land hintangestellt wird. Am Mittwochabend diskutierten sie mit den hiesigen Landtagsabgeordneten von SPD und CDU im Twistringer Gymnasium.

 

„Wir kriegen nicht alle Schulen auf einmal hin“, verteidigte die SPD-Landtagsabgeordnete Luzia Moldenhauer die Entscheidung ihrer Kultusministerin Frauke Heiligenstadt und stellte zugleich klar: „Die Gymnasien werden nicht ausgeschlossen.“ So ist es auch in der Vereinbarung zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden Niedersachsens festgelegt. Allerdings sind für die Gymnasien und Grundschulen erst für den Zeitraum 2019 bis 2021 jährlich 70 zusätzliche Fachkräfte vorgesehen. Am Ende sollen an 1400 bis 1500 Ganztagsschulen rund 1 000 Vollzeitkräfte tätig sein.

Die Initiative empfindet die Zurückstellung als Benachteiligung ihrer Schulform. Unverantwortlich sei das, sagen die Elternratsvorsitzenden mit Blick auf die Schüler, die 2018 womöglich ohne ihre Vertrauensperson dastehen. Denn nach dem Ende der Finanzierung durch das Bildungs- und Teilhabepaket im Jahr 2015 sprang der Landkreis mit 600 000 bis 700 000 Euro jährlich ein. Landrat Cord Bockhop hat allerdings klargestellt, dass Ende 2017 Schluss ist. Bleibt es dabei, besteht mindestens für 2018, möglicherweise länger eine Finanzierungslücke. Die Konsequenz: Die jetzigen Schulsozialarbeiter erhalten keinen Anschlussvertrag, ab 2019 müssten neue angestellt werden.

„Schulsozialarbeit ist Beziehungsarbeit. Wenn die Beziehungen ein Jahr lang abbrechen, fängt der Nachfolger bei Null an“, beschreibt Maria Stenner-Dieckmann, Sozialarbeiterin am Twistringer Gymnasium, das Problem. Bei manchen Schülern dauere es ein halbes Jahr, bis sie Vertrauen fassten, ergänzt Ute Fischer. Sie war bereits in vielen Schulformen tätig und weiß aus eigener Erfahrung, dass Schulsozialarbeit an Gymnasien nicht weniger dringlich ist. Probleme wie Depressionen oder Ess- und Angststörungen träten dort genauso auf wie in an deren Schulformen.

Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Karl-Heinz Klare kann die Rückstellung der Gymnasien nicht nachvollziehen. „Schulsozialarbeit hat mit dem Bildungsgrad überhaupt nichts zu tun“, so Klare. Die Familienstrukturen und die damit verbundenen Probleme hätten sich für Gymnasiasten genauso geändert wie für alle anderen Schüler. Problematisch sei zudem, dass Schulsozialarbeiter im Landesdienst schlechter bezahlt werden als bisher. Das erschwere es, genügend der gefragten Sozialarbeiter zu finden.

Besorgt sind die Elternratsvorsitzenden über die künftige Möglichkeit, Erzieher als Schulsozialarbeiter einzustellen. Diplom-Sozialarbeiter und Diplom-Pädagogen brächten viel mehr Fachwissen mit, argumentieren sie. Moldenhauer versuchte, sie in diesem Punkt zu beruhigen. Andere Kräfte würden nur in Ausnahmefällen angestellt, wenn sie etwa durch Weiterbildungen entsprechende Kenntnisse mitbrächten.

Große Hoffnungen setzen die Elternvertreter jetzt in ein Gespräch mit Frauke Heiligenstadt, das Moldenhauer in den nächsten Wochen vermitteln will. Sie hoffen auf eine Lösung bis Mitte des Jahres, damit frühzeitig klar ist, wie es 2018 weitergehen soll. Daneben setzt die Initiative ihre Bemühungen für eine Kooperation mit den Gymnasien der anderen niedersächsischen Kreise fort.